Wird die Schweiz zum Singapur in Europa?


    Kolumne


    Die Schweizer Bevölkerung wächst zuwanderungsbedingt in hohem Tempo. Wir scheinen das stoisch hinzunehmen, das Parlament scheint das kaum zu kümmern.

    (Bild: © Ehrbar Photography) Dr. Adrian Schoop ist Unternehmer und FDP-Grossrat.

    Die Schweiz wächst und wächst. Im September wurde die 9-Millionen-Grenze überschritten. Die Zuwanderungszahlen drohen ausser Kontrolle zu geraten. Allein im letzten Jahr kamen netto über 81’000 Personen in die Schweiz, die zur ständigen Wohnbevölkerung gehören. Das Wachstum liegt damit in der Grössenordnung der Stadt Luzern. Das muss man sich einmal vorstellen: Alljährlich pflastern wir eine Stadt Luzern in unsere Landschaft und wollen gleichzeitig unseren Ausstoss an Treibhausgasen reduzieren und einen Energiemangel verhindern. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht aufgehen kann. In dieser kaum verständlichen Entwicklung ist zudem der gesamte Asylbereich mit Zehntausenden von Asylsuchenden sowie die Aufnahme von über 70’000 Ukrainischen Staatsangehörigen noch nicht einmal eingerechnet. Man könnte nun meinen, dass dieses rasche Bevölkerungswachstum eine heftige Debatte in der Bevölkerung, in den Medien aber vor allem im Parlament auslösen müsste. Weit gefehlt. Es scheint wenig zu interessieren, dass die Schweiz ein Stadtstaat wie beispielsweise Singapur werden könnte.

    Wer denkt, dass der Vergleich mit Singapur völlig abwegig sei, sollte die folgenden Fakten zur Kenntnis nehmen: Lediglich ca. 40 Prozent der Fläche der Schweiz ist besiedelbar. Der grössere Teil der Landfläche wird von Bergen, Seen, Flüssen, Gletschern, Fels und Geröll bedeckt. Über zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung lebt zudem im Mittelland, das nur ca. 30 Prozent der Gesamtfläche unseres Landes ausmacht. Dies hat dazu geführt, dass das schweizerische Mittelland heute eines der am dichtesten bevölkerten Gebiete der Welt ist. Und ein Ende dieses Wachstums ist nicht absehbar.

    Erschreckend ist, dass das Bevölkerungswachstum sich stetig beschleunigt. Benötigten wir für eine Million Bevölkerungswachstum seit 1964 noch 29 Jahre, waren es von 1993 an nur noch 16 Jahre während das jüngste Millionenwachstum lediglich noch 13 Jahre benötigte. Das Tempo des Wachstums beschleunigt sich, die Bevölkerungsdichte steuert ins Uferlose und niemand stellt sich die Frage, wo das enden soll.

    Das Parlament scheint sich vor dieser Frage zu fürchten. Klar, es sind Wahlkampfzeiten, da ist dieses Thema bei den meisten Parteien ein Tabu, oder aber ideologisch verklärt. Dabei wäre es dringend, dass sich das Parlament mit dieser grundlegenden Frage, welche die Zukunft der Schweiz massgeblich prägt, intensiv auseinandersetzt.

    Die Zuwanderung geschieht hauptsächlich auf drei Ebenen:

    • Personenfreizügigkeit (PFZ) mit der EU: Diese ist Teil der Bilateralen I. Grundsätzlich gilt hier, dass nur kommen darf, wer einen Arbeitsplatz nachweisen kann. Als Unternehmer ist mir völlig klar, dass wir die Personenfreizügigkeit brauchen und sie nicht kündigen dürfen. Sonst fällt das gesamte Paket der Bilateralen I automatisch weg. Es sei jedoch die Frage erlaubt, warum der Bundesrat – angesichts der sich zunehmend manifestierenden Probleme – nicht schon längst die vertraglich möglichen Massnahmen ergreift. Gemäss Art. 14. Abs. 1 des Freizügigkeitsabkommen tritt der Gemischte Ausschuss bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen auf Verlangen einer Vertragspartei zusammen, um geeignete Abhilfemassnahmen zu prüfen. Und was tut der Bundesrat? Nichts! Er versucht es nicht einmal.
    • Einwanderung aus Staaten, die nicht der EU oder EFTA angehören, sog. Drittstaaten: Bei diesen haben wir für gut qualifizierte Arbeitskräfte Kontingente. Im Jahr 2022 wurden diese für Jahresaufenthalter vom Bundesrat auf 4’500 festgelegt. Die Kontingentspolitik ist unbrauchbar, kamen doch über den Familiennachzug und andere Gründe so viele Menschen aus Drittstaaten in die Schweiz, dass sich mit einem Wanderungsüberschuss von über 28’400 Personen ein Mehrfaches der Kontingentszahlen ergab.
    • Einwanderung über den Asylbereich: Hier scheint Hopfen und Malz verloren zu sein. Der Flüchtlingsbegriff im Asylgesetz und in der Flüchtlingskonvention ist überholt und entspricht in keiner Art und Weise mehr denjenigen Menschen, die auf der Suche nach einem materiell besseren Leben in die Schweiz kommen und zumeist auch bleiben.
    • Fazit: Es ist höchste Zeit, dass sich das Parlament an die Arbeit macht, eine Bevölkerungspolitik ganzheitlich diskutiert und darüber beschliesst. Das Volk muss endlich die Möglichkeit haben, sich zu dieser unglaublichen Entwicklung zu äussern.
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